Um zukunftsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen qualifizierte Mitarbeiter gewinnen und nachhaltig von sich überzeugen. Ideal dafür sind kreative, rechtssichere Vergütungssysteme, die Ansprüche und Wünsche der neuen „Challenge Partner“ widerspiegeln. Arbeit wird so mit „neuen Währungen“ bezahlt, die Rücksicht auf die Gefühle der Menschen nehmen.

Drei bunte Arbeitsmarkt-Szenen

Lars, 36, lässt es langsam angehen: Er war jetzt 15 Monate mit seiner kleinen Familie auf Weltreise. Es hat gerade gut mit seiner Elternzeit gepasst. Lars ist Softwareentwickler – und da kann er praktisch von überall aus arbeiten. Jetzt ist er wieder zurück in Berlin und schaut erst mal, was so geht… Auch ohne dass er selbst aktiv wird, sprechen ihn Unternehmen an, ob er nicht einen Job suche… Doch Lars will erst einmal nur noch „projetkbezogen“ arbeiten – zum Beispiel über eine Plattform oder als Freelancer.

Letzteres lohnt sich auch auf jeden Fall finanziell für ihn, aber was noch viel entscheidender ist: Seine Freiheit ist ihm sehr wichtig; reisen, wann er möchte, Zeit mit der Familie verbringen, mal dies und mal das machen… Für ihn gerade „voll o.k.“ – festlegen mag er sich nicht.

 

Marie, 24, ist gerade mit ihrem dualen Wirtschaftsstudium fertig. Sie spricht drei Sprachen fließend und kann Praktika in verschiedenen internationalen Firmen und Auslandssemester vorweisen. Das für sie Coole am Studium war, dass sie immer wieder neue Stationen hatte. Diese Vielfältigkeit erwartet sie neben einem entsprechend passenden Gehalt und Benefits (Smartphone, Mobility Card, Fitnessangebote) auch in ihrem zukünftigen Job.

Außerdem muss dort die Atmosphäre stimmen. Und ja, sie möchte auch nicht zu viel arbeiten: Arbeitszeiten sollten eingehalten werden. Darüber hinaus möchte sie einen klaren Plan von einem möglichen Arbeitgeber dazu, wie ihre Aufstiegschancen sind und welche Weiterbildungsmöglichkeiten ihr in den nächsten drei Jahren geboten werden.

 

Theo, 52, ist Schichtleiter in einem großen regionalen mittelständischen Metallbaubetrieb. Die Belegschaft umfasst 50 Mitarbeiter. Theo arbeitet bereits seit 20 Jahren dort.

Er hat als Zerspanungsmechaniker angefangen – ein Job, den heute nicht mehr viele machen wollen. Gern würde er die Schichtleitung an seine jüngeren Kollegen abgeben – doch keiner von ihnen hat ein Interesse daran, die Führungsfunktion und den „ganzen Stress mit den Schichtplänen“ zu übernehmen.

Auch Theo hat keine große Lust mehr, Führungskraft zu sein und sich mit den unterschiedlichen Arbeitszeitwünschen der Kollegen und Kolleginnen auseinanderzusetzen.

 

So und noch viel bunter sieht die „Arbeitsmarktszene“ aus, mit der Unternehmen konfrontiert werden.

Herausforderung: „Challenge-Partner“ für das Unternehmen

Und die Antworten darauf? Bei den einen ist es der Hinweis auf das entweder etablierte, traditionsreiche, „sichere“ Unternehmen, bei den anderen die Start-up-Kultur mit dem hippen veganen Produktportfolio und bei den meisten anderen eben irgendetwas dazwischen. Allen ist jedenfalls gemeinsam, dass sie sich jeden Tag der kreativen Herausforderung stellen, gute Mitdenker, Mitmacher zu gewinnen, eben Challenge-Partner für das Unternehmen.

Das heißt, sie überhaupt erst einmal zu finden und dann überzeugen zu können, in dem (jeweiligen) Unternehmen mitzumachen und möglichst auch verbindlich in diesem zu bleiben. Das gilt für die begehrten Fachkräfte genauso wie für Führungskräfte, für den Nachwuchs genauso wir für die „Best Ager“ – es ist die Herausforderung unserer Tage für Unternehmen…

Engagement entsteht im Herzen, nicht durch den Arbeitsvertrag

So erlebe ich in meinen unterschiedlichen Rollen als beratende Anwältin und Leiterin Unternehmensentwicklung & HR fast täglich, wie sich Unternehmen genau dafür hart anstrengen, neue Mitarbeiter zu gewinnen und diese auch möglichst langfristig zu binden.

Und es ist auch klar: Der Arbeitsvertrag allein garantiert nicht die Haltung eines Mitarbeiters, wie Loyalität, Treue, Verantwortung. Und auch der Wille, sich immer wieder allen Herausforderungen zum Erfolg für das das eigene Unternehmen zu stellen, lässt sich in keine vertragliche Vereinbarung packen. Engagement entsteht im Herzen und nicht durch einen Arbeitsvertrag!

Geld allein war gestern

Wie gelingt denn nun Bindung? Wodurch entsteht Engagement? Das Finanzielle ist letztendlich keine verlässliche Grundlage für eine starke Beziehung und Verbundenheit zum Unternehmen. Denn wenn hohe Vergütung der einzige Grund sein sollte, in einem Unternehmen tätig zu sein und zu bleiben, dann ist diese Verbundenheit ausschließlich auf finanzielle Motive gegründet. Was nichts anderes bedeutet als dass, sobald ein anderer Arbeitgeber ein höheres Gehalt zahlt, der Mitarbeiter dann zu diesem anderen Arbeitgeber wechselt.

So, wie sich ein Wandel in unserer Arbeitswelt weg von stark repetitiven und deswegen wenig attraktiven Aufgaben hin zu kreativen und schöpferischen Gestaltungsaufgaben wandelt, so verliert auch der Ansatz eines rein finanziell geprägten Vergütungssystems seine bindende Wirkung.

 

Neue Arbeit fordert neue, „agile“ Vergütung

Schon aus diesen Gründen, aber auch weil sich unsere bisher eher tradierten Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen aufgrund veränderter Rollen weiterentwickeln und gleichzeitig vermehrt unterschiedliche individuelle Wünsche und Forderungen bedient werden sollen, bedarf es auch weiterer vielfältigerer Lösungen für das Thema Vergütung. Neue Arbeit fordert dies konsequenterweise ein.

Wir können nicht über Augenhöhe, Auflösung von Arbeitsorten, flexible Arbeitszeiten, anspruchsvolle Arbeitsaufgaben sprechen und dabei die Vergütung so lassen, wie sie ist. Auch Vergütung muss im Sinne von einer „Neuen Arbeit“ „agil“ werden. Es sind weitere „Währungen“ gefragt als Voraussetzung dafür, Agilität und Selbstorganisation zu fördern und gleichzeitig verschiedene wertvolle Typen von Mitarbeitern attraktiv zu bezahlen.

Innovative Vergütungssysteme erfüllen Bedürfnisse

Zukünftig brauchen Unternehmen daher verstärkt Systeme, die einerseits mehr als nur die finanziellen individuellen Bedürfnisse von Mitarbeitern erfüllen und zum anderen natürlich auch die betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten des Unternehmens sichern. Um die genau „passenden“ Mitarbeiter zu bekommen und zu halten, braucht ein Unternehmen daher auch ein innovatives Vergütungssystem.

Um solche Mitarbeiter beziehungsweise Challenge-Partner zu finden, die auch über die Fähigkeit verfügen, mit den modernen agilen Arbeitsformen positiv motiviert umzugehen, sind die in den Unternehmen jeweils bestehenden Vergütungssysteme ein entscheidender Schlüsselfaktor.

Individuelle Ansprüche und Bedürfnisse

Es bedarf daher Systeme, die in der Lage sind, sich gleichermaßen an den individuellen Ansprüchen der Mitarbeiter und des Unternehmens auszurichten und diese Bedürfnisse zu erfüllen. Mitarbeiter können auch nach verschiedenen Vergütungssystemen entlohnt werden. Welches von ihnen dabei für ein Unternehmen das Beste ist, hängt eben auch davon ab, was für dessen Mitarbeiter attraktiv ist und welche Kultur in einem Unternehmen gelebt wird.

Zudem verlangt unsere heutige Arbeit Kreativität, Innovation sowie den Umgang mit neuartigen und komplexen Problemstellungen. So sind Vergütungssysteme zunehmend strategische Instrumente, um Mitarbeiter zu kreativen Mitgestaltern zu motivieren und sie – gerade in Zeiten des Fachkräftebedarfs – gleichzeitig emotional an ein Unternehmen zu binden. Dabei passt nicht jedes System zu jedem Unternehmen.

Klassische Vergütungssysteme beinhalten  klassische Faktoren

In der Vergangenheit standen hier vor allem monetäre Vergütungssysteme im Vordergrund – allen voran klassische tarifliche Systeme. Diese Vergütungssysteme ordnen sich vornehmlich nach drei Bestimmungsfaktoren:

– leistungsbezogen

– soziale Umstände

– erfolgsabhängig

Die vom Mitarbeiter erbrachte individuelle Arbeitsleistung – quantitativ und qualitativ – bildet in diesen Systemen die Grundlage für eine leistungsbezogene Zahlung. Soziale Umstände sind zum Beispiel Betriebszugehörigkeit, Anzahl der Kinder oder Familienstand. Bei einer erfolgsabhängigen Bezahlung steht häufig der Erfolg des gesamten Unternehmens und nicht nur der des Einzelnen im Vordergrund. Klassische Beispiele sind hier Gewinnbeteiligungsmodelle oder Aktienoptionsprogramme.

Grundlegende Veränderungen

Angesichts sich verändernder Arbeitsabläufe durch die Digitalisierung und neuer Ansprüche von Beschäftigten sind Unternehmen gefordert, auch über grundlegende Veränderungen und auch Anpassungen von Vergütung nachzudenken.

In einer neuen Arbeitswelt wird daher der Fokus auf den richtigen Rahmenbedingungen liegen müssen, die Mitarbeitern sowohl die beste Leistung als auch die beste Zusammenarbeit ermöglichen und diese fördern.

Bedürfnisorientierte Vergütungssysteme

Wenn es gelingt, entsprechende Systeme zu implementieren, dann kann dies wünschenswerte Auswirkungen auf die betriebliche Atmosphäre haben; zumal regelmäßig Impulse entstehen, die dazu beitragen können, die in Belegschaften stets vorhandenen Unzufriedenheiten oder auch Ängste zu reduzieren.

Typische Ängste und negative Emotionen sind zum Beispiel.

– Existenzängste

– Zukunftsängste

– Kontrollverlust

– geringe Wertschätzung und verweigerte Anerkennung

– Machtlosigkeit, Resignation und Wut

 

 

Mein Gegenüber mit seinen Wünschen genau kennen

Das alles eröffnet die Chance beziehungsweise. setzt voraus, nicht nur den Blick auf die „neuen Wünsche“ der Beschäftigten zu erweitern, sondern hier insbesondere auch andere, vor allem nicht-monetäre Anreize stärker in den Fokus zu nehmen, die diesen Wünschen gerecht werden können. Es bedarf daher einer richtigen Mischung aus monetären und nicht-monetären Komponenten, die aktuelle Bedürfnisse und Notwendigkeiten treffen.

Was ist nun die richtige Mischung? Diese exakt zu finden wird wohl nicht pauschal für jedes Unternehmen gleich zu beantworten sein, sondern von den jeweiligen Mitarbeitertypen und deren Wünschen abhängen. Für Unternehmen bedeutet dies, wesentlich flexibler zu werden, was ihre Vergütungssystematiken anbelangt.

Dabei haben Faktoren, die vor allem keine direkten Gehaltsbestandteile sind, gegenwärtig einen enormen Einfluss auf die Entscheidung von Mitarbeitern, zu welchem Arbeitgeber sie gehen beziehungsweise bei welchem sie auch bleiben.

Spielräume nutzen

Insofern bieten sich hier für Unternehmen gerade jetzt neue Chancen, Mitarbeitern Vorteile zu gewähren – Vorteile also als eine Art Währung –, die auf die Organisationsgestaltung, bestimmte Arbeitsweisen und besondere Formen der Zusammenarbeit beziehungsweise  auch auf kulturelle Faktoren zurückzuführen sind.

Das können agiles Arbeiten, mobiles Arbeiten, Innovationslabs, selbstorganisierte Teams, #NewPay, flexible Arbeitszeiten, Arbeitszeitautonomie etc. sein. Es handelt sich also um Vorteile, die man sich mit Geld nicht kaufen kann, die aber dafür entscheidend sein können, ob sich ein Mitarbeiter im Unternehmen wohlfühlt.

Fazit: Es gibt weit mehr als „die eine richtige Lösung“

Wollen Unternehmen also zukunftsfähig werden oder bleiben, setzt dies eine genaue Kenntnis der Wünsche und Ansprüche der Mitarbeiter voraus, um diese zu überzeugen und nachhaltig für sich zu gewinnen.

Und nicht nur das: Die Unterschiedlichkeit, beziehungsweise die Individualität der Bedürfnisse, nimmt auf beiden Seiten zu. Sie geht weit über „nur“ eine unterschiedliche Interessenlage zwischen Arbeitgebern und Mitarbeitern hinaus.
Es wird daher nicht (mehr) „die eine richtige Lösung“ geben, sondern vielmehr bedarf es Vergütungssysteme mit verschiedenen beziehungsweise multiplen Vergütungsangeboten, die hier den vielfältigen unterschiedlichen Begehren und Ansprüchen gerecht werden.

Entscheidend wird sein, wie der Mensch sich fühlt! 🙂 

Zum Artikel „Warum die Gefühle der Mitarbeiter dem Unternehmen gehören

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