Die positiven Wirkungen neuer Arbeitsformen auf Unternehmen und die Gesellschaft werden Tag für Tag offensichtlicher. Die Erkenntnis wächst, dass „Arbeiten4.0“ notwendig und überfällig ist – und doch tun wir uns schwer diesen Weg zu gehen.

Arbeiten4.0 ist digi-sozial

Arbeiten4.0, Industrie4.0, Digitale Transformation – viele dieser Begriffe klingen nach einem fokussierten Wandel von Arbeitsstrukturen, Abläufen und Prozessen. Nicht anders also, als das, was wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Change Projekten immer wieder versucht haben. Und obwohl dieser Ansatz damit so wohlvertraut klingt, kommen wir mit mit der Umgestaltung unserer Arbeitswelt nicht in Gang.

Das, was gerade um uns herum passiert, besitzt eine Komponente, die uns unbewusst aufschrecken lässt. Der anstehende Wandel ist nicht nur getriggert durch neue Formen der Kommunikation, durch wachsende Dynamik der Märkte, durch das „Internet der Dinge“ oder ein wachsendes Bewusstsein für unsere Umwelt. Er wird gleichzeitig auch getrieben von einem Wertewandel in der Gesellschaft.

Nach den Aufbau- und Gründerjahren, mit ihren prägenden Verhaltensmustern, leben wir heute in einer Welt, die vielen erlaubt bewusster mit sich selbst umzugehen und damit auch in Hinblick auf ihre Arbeit mehr einzufordern. Galt Arbeit (das Wort leitet sich aus dem germanischen Wort für „Mühsal“ und „Plage“ ab) früher als etwas, dass Besitz und damit Status ermöglichte, so geht es heute dabei vermehrt um deren Sinn und ausgewogenes Work-Life-Blending. Aus „mein Haus, mein Boot, mein Auto“ ist „mein Leben“ geworden.

Der Weg zu Arbeiten4.0 ist nicht nur „digitaler“ oder technologischer, es ist auch sozial ein neuer Weg. Wie groß die Diskrepanz zwischen Arbeit und dem privaten Leben bereits geworden ist, macht ein Blick auf die „Tages-Zeitreisenden“ deutlich, also jene, die jeden Morgen aus ihrem Leben im 21. Jahrhundert – mit dessen Werten und Technologien – in eine im 20. Jahrhundert zurückgebliebene Arbeitswelt wechseln.

Wie gelingt der gemeinsame Schritt ins 21. Jahrhundert?

In den Diskussionen im Kontext „new work“  tauchen oft die große Konzepte wie „Demokratisierung“, „Selbstorganisation“, „Holokratie“ oder„Employees first, customers second“ auf. Diese großen Ideen bedeuten umfassende Veränderungen in Kultur und Führung und sind damit – obwohl organisationsindividuell ggf. richtig und gut – für die Meisten eher abschreckend. Im Kern setzten diese Konzepte dabei auf ein paar, immer wieder genannte Glaubenssätze und Grundverständnisse auf. Interessanterweise gelten diese fast universell für die meisten Unternehmen, die erfolgreich Arbeiten4.0 praktizieren. Menschen werden hier als vertrauenswürdig, verantwortungsvoll, verlässlich, verantwortlich, selbst-motiviert, intelligent und einzigartig wahrgenommen. Allein auf Basis dieser Grundlagen, ergibt sich schnell eine Vielzahl von Ansätzen wie Zusammenarbeit sinnvoller und erfolgreicher gestaltet werden kann. Dabei erleichtern oft viele kleine Schritte den Weg zu einem veränderten Miteinander.

Um den eigenen Weg zu identifizieren, bietet es sich an, einen Zyklus solcher kleinen Schritte zu implementieren. Sie sollten immer wieder anregen die comfort zone zu verlassen, um sukzessive zu realisieren, dass man dabei keine panic zone, sondern viel öfter die magic zone betritt.

Ein erster Erfolg ist oft schon echte Partizipation zu gestalten. Die Mitarbeiter anzuregen ihre Arbeit nicht nur als Teilnahme am Prozess zu verstehen, sondern auch sich auch aktiv einzubringen (teilzugeben) und damit sichtbar am Erfolg teilzuhaben. Einen guten Startpunkt dafür bieten interne BarCamps, um die eigene Situation offen ansprechen und dabei Ideen für weitere Schritte sammeln.

Reflektion des Status Quo

Am Anfang des angesprochenen Entwicklungszyklus steht eine sehr bewusste und oftmals extern unterstütze Reflektion des Status Quo. Vor allem in Bezug auf die kulturelle, organisationale und technologische Basis ist der Erkenntnisgewinn hier oft richtungsweisend für den weiteren Prozess.

Während dieser Analyse finden sich immer auch Schwachstellen, die gemäß „it’s not a bug, it’s a feature“ als (im positiven Sinn) Experimentierinseln und Lernumgebung dienen können. Hier können Entwicklungsoptionen erprobt und aus Fehlentwicklungen gemeinsam gelernt werden. Denn, wie immer auf neuen Wegen, werden Fehler auf dem später erfolgreichen Weg dazugehören. „Smart failure“ sind ein Ansatz die Fehler aktiv und positiv als verarbeiten.

Auch hier gilt: Partizipation und Selbstorganisation sind die Mittel der Wahl, um gemeinsam die Chancen zu nutzen und die Macken frühzeitig zu erkennen.

Ein weiteres wichtiges Element sind kontinuierliche Dialoge aller Stakeholder zu Vision, Werten und der gelebten Kultur. Sie helfen vielen Organisationen, um auf dem Weg die Richtung beizubehalten und zu justieren, denn sie verstärken die Verbundenheit und verbessern die Vernetzung.

Am Ende geht es weniger darum guten Ideen und Konzepte zu entwickeln. Davon gibt es in der Welt und in jeder Organisation, wenn man sie hören will genug. Die eigentliche Herausforderung ist es, aus der Vielzahl der Optionen die richtigen zu identifizieren.

Der Weg hin zu Arbeiten4.0 ist komplex.

Um ihn zu gehen braucht es die Unterstützung aller Beteiligten. Er muss „von oben“ gewollt und getragen sein – darf aber nicht von dort eingesteuert oder verordnet werden. Gelingt es die Stakeholder für den Weg zu begeistern, ihr Wissen, ihre Kompetenz und ihr Intuition für den Weg zu nutzen , ist der Zyklus der kleinen Schritte die sicherste Option.

Der digi-soziale Weg zur neuen Arbeit beginnt in unseren Köpfen und wir alle sind bereits gestartet. Er ist Teil des kulturellen Wandels unserer Gesellschaft und muss nur noch unsere Arbeitsplätze erreichen. Dies umzusetzen ist unsere Aufgabe.

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