Innovationskraft ist einer der wichtigsten Bausteine für unternehmerischen Erfolg. Unternehmen aller Größen und Branchen streben danach, Kreativität bewusst zu fördern und dadurch Ideen am laufenden Band zu entwickeln. Die Frage ist nur, wie das funktionieren kann: Brauchen Unternehmen dazu ein internes Innovationslabor? Sollen Sie Experten einstellen? Oder ein Team bestehend aus lauter unterschiedlichen Menschen zusammenstellen? Die Antwort, die die wenigsten hören wollen, ist, dass es kein Patentrezept gibt. Manchmal funktionieren Ansätze, aber genauso oft leider auch nicht.

Und genau das ist meiner Meinung nach der Grund, warum Innovationen gerne als Zufälle beschrieben werden. Denn wir Menschen lieben Geschichten – sie lassen Kreativität leicht und lustig erscheinen. So scheint es, als sei eine Vielzahl der Annehmlichkeiten des modernen Lebens erfunden worden, als jemand quasi zufällig darüber stolperte. Einige Beispiele:

  • Der Mikrowellenherd wurde durch den Ingenieur Percy Spencer 1945 entdeckt, als sein Schokoriegel, der in der Tasche in der Nähe von Radargeräten war, schmolz. Er entschied sich für eine Reihe von Experimenten, um herauszufinden, warum das passierte und entdeckte so die Mikrowellen.
  • Der künstliche Süßstoff wurde 1879 von dem deutschen Wissenschaftler Constantine Fahlberg entdeckt. Beim Abendessen bemerkte er einen süßlichen Geschmack. Er wunderte sich und dachte darüber nach, was er am Tag im Labor gemacht hatte. Dabei fiel ihm ein, dass er sich die Hände nicht gewaschen hatte. Er kehrte in sein Labor zurück und verkostete verschiedene seiner Stoffe, bis er den richtigen wiederentdeckte. Letztlich riskierte er sein Leben – nur um zu verstehen, was passiert war.
  • Röntgenstrahlen: Wilhelm Roentgen arbeitete bereits seit langem an der Wirkung von Kathodenstrahlen, bevor er die Röntgenstrahlen entdeckte. Am 8. November 1895 bemerkte er während eines Experiments Kristalle, die unerwartet glühten. Bei der Untersuchung isolierte er dann eine neue Art von Lichtstrahl.

Alles Zufälle?

All das zeigt schon: Innovation ist kein Zufall! Und es handelt sich auch nicht um den vermeintlichen Kuss der Muse, die uns mit Kreativität versorgt – auch wenn diese Idee eine enorme Anziehungskraft auf uns Menschen hat.

Denn wir dürfen dabei vor allem eines nicht übersehen: All diese „Zufälle“ haben eine lange Vorgeschichte. Jeder dieser Erfinder hatte bereits jahrelang an dem Problem gearbeitet, herumgetüftelt, es zerlegt, um es anschließend zu analysieren und mit den daraus entstandenen neuen Erkenntnissen weiter zu experimentieren.

Der Durchbruch war dann meistens Folge eines unerwarteten Missgeschicks, eines Fehlers – denken Sie nur an Constantine Fahlberg, der grundlegende Hygienevorschriften missachtet hatte. Im Gegensatz zu vielen anderen, die Fehler zu vertuschen suchen, ging er ihm aber auf den Grund.

Neugier und Ausprobieren

Tatsächlich ist die Neugier auf eigene Fehler, oder anders gesagt, der Mut, Fehler zu machen und Risiken bewusst einzugehen, einer der wichtigste Erfolgsfaktoren für Innovation.

Künstler, Erfinder, Unternehmer, letztlich jeder Mensch jagt nach etwas. Auch wenn sich dieses Etwas als falsche Fährte erweist, ist dieser Trieb notwendig, um zur Lösung zu kommen. Ich kenne keine andere Möglichkeit, so effektiv zu so wertvollen Einsichten zu gelangen, als über Ausprobieren. Denn das Unbekannte ist einfach nicht vorhersehbar. Und Kreativität ist eine Entdeckungsreise, deren Wege durch neues Terrain führen.

Innovationskraft ist einer der wichtigsten Bausteine für unternehmerischen Erfolg. Und ich denke, dass sie künftig noch wichtiger werden wird.  Wie lassen sich Neugier, Kreativität und damit Innovationspotential bei den Mitarbeitern eines Unternehmens wecken?

Die überzeugendste, zukunftsfähigste Antwort, die ich kenne, heißt Design Thinking. Dieser Denkansatz hat meines Erachtens das Potenzial unsere Unternehmenswelt grundlegend zu revolutionieren.

Kreativität nach Belieben abrufen

Nichts funktioniert für Unternehmen besser, als wenn sie Ihre Produkte und Dienstleistungen radikal an der Bedürfniserfüllung der Kunden ausrichten. Nur dann, wenn ein Produkt, eine Dienstleistung, das Leben der Menschen wirklich verbessert und erleichtert, wird es Erfolg haben.

Der Weg, den Design Thinking folgt, scheint auf den ersten Blick ungewohnt, verschlungen, es ist aber letztlich ein sehr strukturierter Prozess, der – und das ist das spannende – trotzdem eine Spielwiese für neue Gedanken, Lösungen, Strategien bietet, die es noch nicht gibt.  Design Thinking bringt Denken, Handeln, Fühlen und verschiedenste Fachdisziplinen zusammen. Es ist eine der wenigen Methoden, welche der Schnelligkeit, Komplexität, Unsicherheit des heutigen Unternehmensalltags gerecht wird. Eine Problemlösungs- und Ideenentwicklungs-Strategie, die menschzentriert ist.

Einige der wichtigsten Design Thinking Grundsätze:

  • Nutzung von analytischem, intuitivem, empathischem Denken
  • Prozess, Team und Raum bilden eine Einheit
  • Probleme werden sehr genau beleuchtet, und zwar vor allem in ihrer Breite
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit
  • Nicht lange alles zerreden, sondern einfach mal ausprobieren
  • Schnelles Prototyping
  • Gedanken werden visualisiert, um so ein gemeinsames Verständnis zu fördern
  • Es gibt keine guten oder schlechten Ideen, sondern bloß Ideen, die Ausgangspunkt für Innovation sind

Innovationskultur fördern

Um das volle Potenzial dieses Ansatzes auszuschöpfen, ist eines sehr wichtig: Es ist keine bloße Methode, die mal eben bei einem Projekt ausprobiert wird. Das kann man machen, wird aber diesem Ansatz nicht gerecht. Zu einem wirklichen Katalysator wird Design Thinking, wenn es von ganz oben gewollt und bewusst als Teil der Unternehmenskultur begriffen wird.

Mit strengem Hierarchiedenken, Kontrollwahn, der jeden angeblichen Fehler sanktioniert und autoritärem Führungsgebaren lässt sich diese Art der Innovationskultur nicht vereinbaren. Denn Angst führt nicht zu motivierten Mitarbeitern oder gar neuen Ideen, sondern zu Isolation und Silo-Denken. Und diese sind der Tod von Kreativität und Innovation.

Der empathische Schlüssel

Es ist der empathische Zugang, der es ermöglicht die wahren Bedürfnisse der Kunden zu verstehen und bestmöglich zu erfüllen. In Zeiten, die von Wettbewerbern und schnellen Lösungen getrieben werden, braucht es Ansätze und Ideen, die es Unternehmen ermöglicht, Probleme anders anzugehen. Bei der normalen, konvergenten Herangehensweise machen wir das Beste aus den vorhandenen Alternativen.

Ermutigen Sie Ihr Team, auf divergente Weise vorzugehen, empathisch und „open-minded“ zu denken. Lassen Sie bewusst immer mehrere Lösungen zu und ermöglichen Sie so, in alle möglichen Richtungen zu denken.

Wenden Sie die oben genannten Ansätze einfach mal in Ihrem Unternehmensalltag an und achten Sie darauf, was innerhalb des Teams passiert. Beginnen Sie das nächste Meeting nicht mit langen Worten und Diskussionen, sondern fordern Sie das Team auf, einmal bewusst in andere Richtungen zu denken, indem Sie sich z.B. eine neue Kreativtechnik ausprobieren. Denken Sie anders und probieren Sie einfach mal aus. Oder, wie es so treffend im Design Thinking heißt: Stop talking, start making!

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